Die Gründungsgeschichte des B.F.C. Hertha 1892

Am 25. Juli des Jahres 1892 war es dann soweit, dass der Verein von der ‚Plumpe‘ gegründet wurde. Über den eigentlichen Geburtsort gibt es noch verschiedene Versionen, ob er nun auf dem Vinetaplatz, dem Arkonaplatz oder in der Stralsunder Straße lag.

Demnach saßen die Brüderpaare Fritz und Max Lindner sowie Otto und Willi Lorenz auf einer Bank und beschlossen, einen Fußballverein zu gründen. Der Vorschlag, den Verein ‚Hertha‘ zu nennen, stammte von Fritz Lindner, der mit seinem Vater kurz zuvor auf einem Dampfer dieses Namens gefahren war. Die Vereinsfarben wurden blau, weiß und gelb, wobei gelb bald wieder verschwand.

Für eine Vereinsgründung waren die vier 16- und 17-jährigen Berliner jedoch noch zu jung und so wurde der 22-jährige Ernst Wisch, welcher der Onkel von Fritz Lindner war, gebeten, als Vorsitzender zu fungieren und den Verein auf dem Polizeipräsidium am Molkenmarkt offiziell als ‚Berliner Fussball Club Hertha 1892‘ einzutragen.

Da die Sportplätze zu damaliger Zeit meist nur aus einer einfachen Rasenfläche bestanden, mussten die Spieler in den Anfangsjahren nicht nur die oftmals provisorischen Tore und Spielfeldmarkierungen selbst mitbringen, sondern sich auch in den nahe gelegenen Gaststätten umziehen, worauf in den damaligen Fachzeitungen hingewiesen wurde. […]

Die Beschaffung der Sportgeräte gestaltete sich zunächst als sehr schwierig, denn bei aller Opferwilligkeit der Mitglieder reichten die Mittel nicht aus. Erst als sich Otto Lorenz mit äußerster Hingebung für die Beschaffung der notwendigen Gelder einsetzte, konnte der junge Fußballclub Hertha den Spielbetrieb aufnehmen. Regelmäßige Einzahlungen in die eingeführte Ballkasse gestatteten die Anschaffung und spätere Erneuerung des Balles. Es wurde fleißig geübt und Sonntag für Sonntag vom heißen Mittag bis zum kühlen Abend gespielt. Bald glaubte man, sich auch mit anderen Vereinen im Wettspiel messen zu können. Aber der Erfolg stellte sich nicht so ein, wie man es sich gewünscht hatte.

Die Geselligkeit wurde zu sehr in den Vordergrund geschoben, so dass der sportliche Betrieb darunter leiden musste. Rauchclubs, Vergnügungs- und Theatervereine übten eine ungeheure Anziehungskraft auf junge Leute aus. Als nun die sportlichen Erfolge ausblieben, wandte sich das Interesse immer mehr diesen Vereinen zu. Nur ein kleiner Teil blieb dem Fußballspiel treu, die Zahl der Mitglieder war weit unter die Stärke einer Wettspielmannschaft gesunken, die Chronik spricht von vier Mitgliedern. Da spaltete sich der beste Club des Nordens, Alemannia 1890. Die nach Selbstständigkeit strebende Lehrlingsabteilung trat fast geschlossen zum BFC Hertha 1892 über. Das war in sportlicher Hinsicht ein großer Erfolg für den jungen Club. Nach kurzer Zeit umfasste der Verein 22 Mitglieder und als eingetragener Verein war es den Herthanern vergönnt, ihre Spiele auf dem Exerzierplatz an der Schönhauser Allee ausüben zu dürfen.

Für die Geselligkeit sorgte man im Verein fortan selbst. So trafen sich die Mitglieder jeden Sonntag, ob Spiel oder nicht, zum geselligen Beisammensein in der Gaststätte und es war nicht selten, dass die Hälfte aller Monatsausgaben für den Klavierspieler und dessen Bierkonsum aufgewendet wurde. Auch alle Festlichkeiten wurden fortan gemeinsam verbracht. Doch sportlich ging es von nun an bergauf und Hertha sollte bald zum zweitbesten Verein im Berliner Norden neben der Alemannia heranwachsen.


Das Hertha Kompendium

Text mit freundlicher Genehmigung entnommen aus:

Harald Tragmann, Harald Voß
Das Hertha Kompendium
7. überarbeitete Auflage
ISBN 978-3-935759-27-4
Verlag Harald Voß


In einem Brief an die Sportredaktion des „Montag“ schrieb Mitgründer Fritz Lindner 1934 :

„[…] Den Namen ‚Hertha‘ verdankt er der Sterndampfergesellschaft, wo ich als 15jähriger Bengel mit dem Vergnügungsverein ‚Arion‘, in dem mein Vater Regisseur war, eine Dampferfahrt mit dem Dampfer ‚Hertha‘ mitmachte. Ich war stolz auf diesen Namen und hatte damals schon den Gedanken, wenn ich älter bin, einen Fußballklub zu gründen, dem ich diesen Namen zu geben gedachte. Bevor ich dann den Verein gründete, war ich mit meinen Lehrkollegen in der Jugendmannschaft ‚Allemanias‘. Doch ich wollte höher hinaus, doch guter Rat war teuer, zur Gründung eines Vereins mussten wir eine polizeiliche Konzession haben und wir waren erst 15 und 16 Jahre alt. Doch ich hatte einen Onkel, der war 22 Jahre alt, den machten wir zum Vorsitzenden, der wiederum mindestens 21 Jahre sein musste. Wir reichten nun beim Polizeipräsidium, das damals noch am Molkenmarkt war, die Konzession ein, die ich als kleiner Knirps selbst hinbrachte, da es für mich ein Heiligtum war. Die Farben des Vereins wurden: Blaue Mütze mit weisser Baspole und gelber Stern, das Hemd blauweiss gestreift mit gelber Stern. […]“

Erich Fischer berichtet im Vereinsheft von den Erzählungen der Mitgründer Otto Lorenz und Wilhelm Frentsch bei einer Zusammenkunft am 10. 12. 1937:

„Der erste, wirklich ‚erste‘ Vorsitzende unseres Vereins war Otto Lorenz. […] Otto war sich damals seiner Würde voll bewußt und zu jedem Opfer bereit. Das bewieß er, indem er erst mal einen Ball kaufte und Torstangen anfertigen ließ. Sein Vater selbst ging zur Schneidemühle und ließ sie nach genauen Angaben sogar sechskantig schneiden. […] Sie waren in den Vereinsfarben blau-weiß-gelb (!) gestrichen. Um allem Luxus die Krone aufzusetzen wurden auch Querlatten gekauft. Alle anderen Vereine verbanden die Pfosten damals nur mit einem Band. Während Otto Lorenz selten spielen konnte, war Frentsch aktiver Spieler.

Vom Exerzierplatz, auf dem die Spiele stattfanden, ging’s abends zum Vereinslokal zu Kintz in der Anklamer Straße. Da kostete der Topf Bier nur 5 Pfennige, und mit den zahlreich versammelten Fußballbräuten konnte man nach Herzenslust ‚schwoofen‘. Große Mode war dabei, im blau-weiß gestreiften Fußballhemd mit dem gelben Stern auf der Brust und der Schärpe, die beim 1. Kapitän mit goldenen, beim zweiten mit silbernen Fransen geschmückt war, zu tanzen. Und wenn der nächste Tag nochmal arbeitsfrei war, so ging’s vom Vereinslokal gleich wieder zum Platz. […] Einer der Fußball-Pioniere, die damals auf dem Arkonaplatz den Klub gründeten, hatte zweifellos eine poetische Ader. Er schlug für den soeben aus der Taufe gehobenen Klub den Namen ‚Hertha‘ vor und begründete den Vorschlag damit, daß in der nordischen Mythologie unter diesem Namen die Göttin der Erde von mehreren Stämmen der Nord- und Ostsee verehrt wird. Die Kenner der ‚Edda‘ wissen, daß die Göttin ‚Hertha‘ in der Wikingerzeit das Sinnbild der Erde (des Rasens) gewesen ist.“


Die Hertha-Chronik Band 1: Der B.F.C. Hertha 1892Zitate mit freundlicher Genehmigung entnommen aus:

Die Hertha-Chronik, Band I
Harald Tragmann, Harald Voß
Der B.F.C. Hertha 1892
ISBN 978-3-935759-12-0
Verlag Harald Voß